Wie wird unsere Energie erzeugt? Bei der Energiewende dreht sich fast alles vor allem um diese eine Frage, denn fossile Energieträger wie Kohle, Öl oder Erdgas sind nicht nachhaltig und sorgen bei der Verbrennung für massive CO2-Emissionen, was wiederum die Umwelt belastet. Deswegen gilt schon seit langem das Idealziel einer klimaneutralen Energiewirtschaft – im Zentrum steht also eine Umgestaltung der Produktion und somit der Angebotsseite auf dem Markt.
Es gibt aber auch die Nachfrageseite, hier geht es um die Frage: Wie wird unsere Energie genutzt? Dieser Aspekt stand lange Zeit eher weniger im Fokus, dabei ist er nicht minder bedeutend, schließlich muss weniger Energie produziert werden, wenn auch weniger verbraucht wird. Das muss nicht nur durch bloßes Einsparen von Strom und Gas geschehen, sondern kann auch durch eine höhere Energieeffizienz erreicht werden.
Hier setzt das Energieeffizienzgesetz (EnEfG) an, welches mittlerweile von der Bundesregierung verabschiedet wurde und 2024 in Kraft treten soll. Damit soll zum ersten Mal ein gesetzlicher Rahmen für mehr Energieeffizienz geschaffen werden. Betroffen sind Behörden von Bund und Land, Unternehmen mit hohem Energieverbrauch sowie Rechenzentren – sie sind fortan dazu verpflichtet, konkrete Energiesparmaßnahmen zu ergreifen.
Egal ob das Verfassen einer kurzen Mail, der Upload des neuesten Urlaubsfotos auf Instagram oder die Lagerung von Dokumenten in einer Cloud, all jene digitalen Aktivitäten benötigen erst einmal Verarbeitungs- und Speicherkapazität. All das geschieht auf einem Server des Online-Dienstleisters, den wir dafür in Anspruch nehmen. Ein solcher Server befindet sich dann in der Regel in einem größeren Rechenzentrum – gemeint ist damit vereinfacht gesagt schlichtweg ein physischer Raum mit Computer- und Netzwerkgeräten, die der Speicherung und Weiterverarbeitung großer Datenmengen dienen.
Ohne Rechenzentren gäbe es nicht das Internet, wie wir es kennen. Das hat aber auch seinen Preis, denn der Betrieb eines Rechenzentrums kostet vor allem sehr viel Strom. In Deutschland gibt es mittlerweile schon mehr als 3.000 Rechenzentren mit einer Anschlussleistung von mehr als 40 kW; hinzu kommen 50.000 kleinere Einrichtungen, das kann dann etwa ein Serverraum sein. 2022 wurden so 18 Milliarden Kilowattstunden verbraucht, das übersteigt den jährlichen Strombedarf von ganz Berlin. Insgesamt entstehen über drei Prozent des bundesweiten Stromverbrauchs in einem Rechenzentrum: Kein Wunder also, dass diese im Energieeffizienzgesetz gesondert hervorgehoben wurden!
Mit stetig zunehmender Digitalisierung, erhöhter Nachfrage für Cloud-Lösungen sowie dem möglichen Anbruch einer Ära der Künstlichen Intelligenz (KI) wird diese Zahl in der Zukunft nur noch weiter explodieren. In den letzten zehn Jahren haben sich die Gesamtkapazitäten aller deutscher Rechenzentren ungefähr verdoppelt, eine weitere Verdopplung wird auch für die nächsten zehn Jahre erwartet. All das sorgt für nur noch größeren Strombedarf, umso wichtiger ist deswegen eine verbesserte Energieeffizienz. Schon in der jüngsten Vergangenheit gab es in diesem Bereich spürbare Fortschritte – im Zeitraum, als sich die Rechenkapazität um 100 Prozent erhöhte, stieg der Strombedarf nur um etwa zwei Drittel an. Das ist aber noch nicht ausreichend, weswegen von staatlicher Seite nun erste Effizienzrichtlinien formuliert werden.
Bedarf für eine zusätzliche rechtliche Leitlinie auf nationaler Ebene entstand auch durch eine neue Energieeffizienzrichtlinie der Europäischen Union, die dieses Jahr vereinbart wurde. Demnach sollen alle Mitgliedsstaaten den Endenergieverbrauch bis 2030 um mindestens 11,7 Prozent reduzieren. In Einklang damit hat der Bundestag im September das Energieeffizienzgesetz (EnEfG) beschlossen, am 20. Oktober wurde der Entwurf auch vom Bundesrat gebilligt. Das Gesetz tritt 2024 in Kraft, damit werden Bund und Länder sowie Unternehmen und Rechenzentren zu Energiesparmaßnahmen angehalten.
Bis 2045 soll der Endenergieverbrauch um 45 Prozent gesenkt werden, als Referenz dient hierbei der Wert aus dem Jahr 2008. Damit dieses ambitionierte Ziel erreicht wird, nimmt sich der Staat auch selbst in die Pflicht: Bis 2030 soll der Bund jährlich 45 Terawattstunden (TWh) an Endenergie einsparen, die Länder zumindest drei Terawattstunden (TWh). Hierfür wollen Bund, Länder und Kommunen künftig Energie- bzw. Umweltmanagementsysteme einführen sowie entsprechende Effizienzmaßnahmen realisieren – das konkrete Ziel ist eine jährliche Gesamteinsparung von zwei Prozent.
Solche Energie- und Umweltmanagementsysteme sind ab 2024 dann ebenso obligatorisch für Unternehmen mit einem Jahresenergieverbrauch von mehr als 7,5 Gigawattstunden (GWh). Firmen mit einem Verbrauch jenseits der 2,5 GWh-Marke müssen zumindest Sparmaßnahmen in einem Umsetzungsplan erfassen und dann öffentlich machen. Wie genau die tatsächliche Ausgestaltung der einzelnen Maßnahmen vonstattengeht, entscheidet aber das Unternehmen selbst, entsprechend weit gefasst ist also der tatsächliche Gesetzesrahmen.
Ähnliche Effizienzanforderungen gibt es nun aber auch für Rechenzentren, die Gesetzesvorgaben gelten ab einer Nennanschlussleistung von über 300 Kilowatt (kW). Unter anderem müssen Betreiber solcher Zentren fortan grünen Strom nutzen, sämtliche Verbrauchsinformationen in ein öffentlich einsehbares Register eintragen sowie vor allem die beim Betrieb der Server entstehende Abwärme nutzen, etwa indem diese in lokale Fernwärmenetze eingespeist werden.
Die anfängliche Resonanz auf die Einführung des Energieeffizienzgesetzes ist durchaus zwiegespalten. Gerade Wirtschaft und Industrie sind skeptisch – Clemens Fues, Präsident des namhaften ifo Instituts, moniert etwa, die neuen Anforderungen würden das Wirtschaftswachstum behindern, und auch der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) reagiert mit teilweisem Unverständnis. Demnach sei die Industrie der Bundesrepublik bereits jetzt ein Vorreiter im Bereich der Energieeffizienz und hätte durch die hohen Strompreise ohnehin genug Anreize, um die Effizienzanstrengungen weiter zu intensivieren, ohne dass es externe Vorgaben von staatlicher Seite benötige, welche zudem weit über die EU-Richtlinie hinausgingen. Durch diese Abweichungen vom EU-Leitfaden sieht auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) die Gefahr von „unnötiger Bürokratie“.
Energieexpertin Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) vertritt hingegen die gegenteilige Meinung, ihr zufolge könne das Gesetz den allgemeinen Wohlstand erhöhen, da durch eine höhere Energieeffizienz auch unnötige Kosten eingespart werden. In eine ähnliche Kerbe schlägt die Deutsche Unternehmensinitiative für Energieeffizienz, hier wird weiterhin angemerkt, dass nur weitere Anstrengungen bei der Energieeffizienz auch langfristig wettbewerbsfähige Strompreise sicherstellen können. Umweltverbänden geht das Gesetz hingegen schlichtweg nicht weit genug: Kritisiert wird etwa, dass nur große Rechenzentren mit einer Nennanschlussleistung von mehr als 300 kW unter das Gesetz fallen, das sind weniger als ein Prozent aller Rechenzentren, und generell zeigen sich viele Vertreter enttäuscht über den Mangel an verbindlichen Maßnahmen und die vage Formulierung der Vorgaben.