Der Anbieter kündigt eine ungerechtfertigte Preiserhöhung an oder zahlt Boni nur unvollständig aus: Mit Konflikten solcher Art müssen sich jährlich zehntausende Energiekunden herumschlagen. Doch nicht immer finden derlei Beschwerden auch Gehör, denn manche Versorger lassen sich partout nicht zu einem Entgegenkommen bewegen oder melden sich erst gar nicht. Was nun?
In solchen Notlagen können sich Verbraucher an die Schlichtungsstelle Energie wenden. Diese versucht zwischen den Streitparteien zu vermitteln – und zwar meistens mit Erfolg, beide Seiten können sich dann den mühevollen Weg vor Gericht ersparen. Doch wie läuft das genau ab, und was gibt es dabei zu beachten? Wir informieren Sie in diesem Artikel.
Die Schlichtungsstelle Energie e.V. ist ein Verein, der sich seit 2011 um die unabhängige, kostenfreie und außergerichtliche Lösung von Streitfällen zwischen Verbrauchern und Energieversorgungsunternehmen kümmert. Dabei ist aber zu beachten, dass dies nicht für Beschwerden von Kleingewerbetreibenden, Unternehmen oder Vereinen gilt, der Service richtet sich also rein an Privatverbraucher.
Träger des Vereins sind folgende vier Institutionen:
Als gesetzliche Grundlage gilt das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG), deswegen tritt die Schlichtungsstelle nur bei Streitfällen bezüglich Strom und Erdgas in Aktion. Wasser, Flüssiggas und Fernwärme fallen hingegen nicht in ihren Zuständigkeitsbereich. Gleiches gilt für Konflikte, die mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) zusammenhängen, wie es etwa bei Unklarheiten über die Einspeisevergütung der Fall ist; hier sollten sich Verbraucher vielmehr an die EEG-Clearingstelle wenden.
Die Schlichtungsstelle Energie ist bundesweit tätig, Verbraucher können ihre Hilfe somit unabhängig vom Bundesland in Anspruch nehmen. Ein entsprechender Schlichtungsauftrag kann aber erst dann gestellt werden, wenn der Verbraucher zuvor bereits erfolglos Beschwerde beim betroffenen Versorgungsunternehmen eingelegt hat. Das Unternehmen muss dann innerhalb einer Frist von vier Wochen antworten. Wichtig: Bei einer abschlägigen Antwort ist ein Hinweis auf die Möglichkeit eines Schlichtverfahrens verpflichtend!
Seit dem 01.11.2011 gibt es die Schlichtungsstelle, 2012 gingen 13.700 Anträge ein. Diese Zahl sank in den folgenden Jahren und pendelte sich um einen Wert von ungefähr 5.000 Anfragen pro Jahr ein. Mit der Energiekrise häuften sich allerdings wieder die Streitfälle: 2022 wurden über 18.000 Schlichtungsanträge gezählt, ein Rekordwert!
Die meisten Anträge bei der Schlichtungsstelle drehen sich um drei immer wiederkehrende Themen. Meistens geht es um den Vertrag, sowohl um Vertragsabschluss als auch um die Beendigung und die Kündigung. Ein weiterer Themenbereich steht damit in Zusammenhang: Es geht um den Lieferantenwechsel und damit verbundene Probleme. Andererseits bearbeitet die Schlichtungsstelle auch sehr regelmäßig Anträge rund um die Abrechnung. Kunden bemängeln sehr oft fehlende Rechnungen, fehlerhafte Rechnungen oder zurückgehaltenes Guthaben und nicht realisierte Bonuszahlungen.
Außerdem wenden sich Kunden oft an die Schlichtungsstelle, wenn sie sich mit Preiserhöhungen oder abgelehnten Sonderkündigungen konfrontiert sehen. Verbraucher können die Schlichtungsstelle aber bei jedem vertraglichen Disput mit einem Energieanbieter, Netzbetreiber oder Messstellenbetreiber in Anspruch nehmen. Wichtig ist hierbei nur: Sie dürfen sich nicht sofort an die Schlichtungsstelle wenden. Vorher müssen Sie bei dem Unternehmen Beschwerde einreichen. Nur falls das Problem nicht gemeinsam gelöst wird, kann Ihnen die Schlichtungsstelle helfen.
Es muss nochmals betont werden: Die Schlichtungsstelle Energie ist nur für Fälle gedacht, bei denen sämtliche regulären Lösungsversuche fehlgeschlagen sind. Daher sollen und müssen Verbraucher ihr Anliegen zuvor beim jeweiligen Energieunternehmen vorgetragen haben. Diese Beschwerde kann auch telefonisch oder persönlich im Kundencenter erfolgen, wir empfehlen aber stets den Schriftweg, denn so lässt sich die Reklamation zweifelsfrei nachweisen.
Das Unternehmen hat dann vier Wochen Zeit, um sich mit der Beschwerde zu beschäftigen. Ist ein Kompromiss nicht möglich, können Kunden einen Schlichtungsantrag stellen. Das ist nur online über die Webseite der Schlichtungsstelle möglich. Dort schildert der Verbraucher den Sachverhalt und stellt zudem alle relevanten Daten und Dokumente zur Verfügung – hierzu gehören vor allem die Vertragsunterlagen und die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) sowie der bisherige Schriftverkehr mit der Streitpartei.
Die Schlichtungsstelle prüft dann, ob alle Voraussetzungen erfüllt sind, und leitet gegebenenfalls ein Schlichtungsverfahren in die Wege – dieses ist für Verbraucher kostenfrei. Unternehmen können die Teilnahme an diesem Verfahren nicht ablehnen. Sollte es nicht doch noch kurzfristig zu einer Beilegung des Konflikts gekommen sein, unterbreitet die Schlichtungsstelle in der Regel einen ersten Einigungsvorschlag. Wenn dieser keine beidseitige Zustimmung findet, spricht ein unabhängiger Richter (die sogenannte Ombudsperson) eine Schlichtungsempfehlung aus.
Diese Empfehlung ist rechtlich unverbindlich, keine der Parteien ist also dazu verpflichtet, sie auch tatsächlich anzunehmen. Sowohl Verbraucher als auch Unternehmen haben zwei Wochen Zeit, um der Empfehlung zuzustimmen. Wenn beide Seiten eine positive Antwort geben, gilt der Fall als geschlossen, die Einigung ist dann zivilrechtlich bindend – wie bei einem Vergleich. Außerdem kann die Schlichtungsempfehlung in Zukunft bei rechtlichen Auseinandersetzungen wegweisend sein.
Falls es nicht zu einer Einigung kommt, steht Kunden weiterhin der Rechtsweg offen. Selbst während eines laufenden Schlichtverfahrens können Beteiligte juristisch gegen den Streitpartner vorgehen. Sobald es aber tatsächlich zu einer Klage kommt, wird das Schlichtungsverfahren sofort eingestellt, denn dieses hat ausdrücklich eine außergerichtliche Einigung zum Ziel.
Der eben genannte Rechtsweg ist nicht nur für Verbraucher, sondern auch für Unternehmen lästig und mit einem erheblichen finanziellen Mehraufwand verbunden. Deswegen ist eine Einigung bei einem Schlichtungsverfahren unserer Erfahrung nach durchaus realistisch. Laut dem Geschäftsführer Thomas Kunde kann die Schlichtungsstelle Energie etwa 80 Prozent aller Verfahren einvernehmlich und außergerichtlich lösen.
Garantiert ist solch ein positiver Ausgang aber keinesfalls, denn selbst die Schlichtungsstelle ist bei einem Verfahren stets auf die Kommunikation vonseiten des Versorgers angewiesen. Obwohl überwiegend Einigungen zugunsten des Kunden erzielt werden, sind uns ebenso Fälle bekannt, bei denen das Unternehmen eine Antwort schlichtweg verweigert – zu einer einvernehmlichen Lösung kommt es dann fast nie, das Schlichtungsverfahren versandet. Verbraucher müssen sich also trotz guter Erfolgschancen bewusst sein, dass eine Schlichtung auch fehlschlagen kann, die genaue Wahrscheinlichkeit einer zufriedenstellenden Lösung hängt vom Einzelfall ab und lässt sich in der Regel kaum abschätzen.
Offiziell soll ein Schlichtungsverfahren innerhalb von drei Monaten abgeschlossen werden, de facto kann der Prozess aber deutlich länger dauern, mitunter sogar weit über sechs Monate. Um das Verfahren zu beschleunigen, raten wir Verbrauchern unbedingt dazu, die nötigen Dokumente vollständig vorzulegen und auf etwaige Anfragen schnellstmöglich zu reagieren. Das erhöht auch die allgemeinen Erfolgschancen, denn ein Schlichtungsverfahren kann ebenso aufgrund mangelnder Kommunikation von Verbraucherseite scheitern.
Verbraucher müssen sich darauf einstellen, dass ein Schlichtungsverfahren mit beträchtlichem Aufwand verbunden ist und häufig über einen langen Zeitraum andauert. Bei WECHSELPILOT können wir die Antragsstellung für unsere Kunden übernehmen, sofern realistische Einigungschancen bestehen und eine entsprechende Vollmacht ausgestellt wird. Im Allgemeinen empfehlen wir nachdrücklich, zuerst alle anderen Lösungsoptionen auszuschöpfen und den direkten Kontakt mit dem Energieunternehmen zu suchen.
Nutzen Sie unseren Wechselservice und lassen Sie sich in den besten Stromtarif wechseln! Wir schlagen Ihnen nur absolut vertrauenswürdige Anbieter vor – so sparen Sie nicht nur Geld, sondern können auch künftige Vertragsstreitigkeiten vermeiden.