Die Preise für Strom und Gas haben in den letzten Jahren eine wahre Achterbahnfahrt hingelegt: Nachdem die Haushaltspreise für Energie im Jahr 2022 noch in beispiellose Rekordhöhen stiegen, ist zumindest kurzzeitig wieder Entspannung eingekehrt. Mittlerweile gibt es für Verbraucher wieder zahlreiche Tarife auf Vorkrisenniveau.
Dabei handelt es sich jedoch nur um eine Momentaufnahme. Zum derzeitigen Zeitpunkt ist noch relativ unklar, ob sich hier eine Entwicklung zurück zu stabilen Energiepreisen abzeichnet. Eine Berechnung des Bundeswirtschaftsministeriums von 2023 geht davon aus, dass der Strompreis 2024 und 2025 bei etwa 37 Cent pro Kilowattstunde liegen wird, ehe er bis 2042 auf ungefähr 40 ct/kWh ansteigt. Inflationsbereinigt wäre dies sogar gleichbedeutend mit einer leichten Preisminderung.
Viele Experten gehen eher davon aus, dass die Preise für Strom und Gas in den nächsten Jahren und Jahrzehnten weiter ansteigen werden – mitunter ist im Worst Case sogar von Werten weit jenseits der 50 ct/kWh die Rede.
Das ist aber nur eines von vielen möglichen Szenarien, denn Strompreisprognosen sind erfahrungsgemäß eher ungenau. Auch WECHSELPILOT-Gründer Maximilian Both vertritt hier eine klare Meinung: „Wenn man ohne Insiderinformationen wüsste, wie sich der Strom-Terminpreis entwickelt, dann sollte man anfangen zu traden und der reichste Mensch der Welt werden. Der Strompreis setzt sich aus vielen Faktoren zusammen und beschreibt zu jeder Zeit den fairen Wert. Daher ist es extrem unseriös, darüber zu spekulieren, und vor allem komplette Glückssache.“
Vor allem, wenn Prognosen nicht von Wissenschaftlern verbreitet würden, sondern von Marketingteams, seien sie oft ein Mittel, um Kunden dazu zu bringen schnell etwas zu tun – z.B. Stromverträge abzuschließen, so Both weiter. Eine zuverlässige Prognose? „Gibt es nicht“, weiß der WECHSELPILOT-Gründer. Obwohl – oder wohl eher weil – er den Energiemarkt bestens kennt, hält sich Both selbst mit Vorhersagen bedeckt. Statt sich an Prognosen festzuhalten oder sich darauf zu verlassen, sei es wichtiger, jetzt das Beste aus dem Energiemarkt für sich herauszuholen. Wer laufend seinen Energietarif wechselt, kommt unabhängig von Prognosen am günstigsten bei Strom- und Gaskosten weg.
Sein Rat an alle Verbraucher:innen: „Bleiben Sie ruhig – Angst oder Gier waren noch nie gute Entscheider! Wenn Sie langfristig Geld sparen wollen, achten Sie lieber darauf, konstant den Tarif zu wechseln, als die besten Zeitpunkte zu wählen.“
Statt zu spekulieren, erklären wir Ihnen deshalb in diesem Artikel, welche Variablen sich langfristig auf den Strompreis auswirken.
Wie sich der Strompreis mittel- und langfristig entwickelt, ist hauptsächlich von den Kursverläufen an der Energiebörse abhängig. Entgegen gängigen Annahmen produzieren die meisten Anbieter ihre Energie nicht selbst, sondern erwerben sie schlichtweg zu riesigen Mengen auf dem Großmarkt, nämlich auf speziellen Strom- und Gasbörsen. In Europa stellen die EEX in Leipzig sowie die EPEX SPOT in Paris die beiden wichtigsten Handelsplätze dar.
Je höher der Großhandelspreis, desto höher sind auch die Beschaffungskosten für Versorgungsunternehmen. Diese Kosten werden in der Regel mit etwas Verzögerung direkt an die Endkunden weitergegeben, so war es 2022 auch während der Energiekrise der Fall. Im Zuge des eskalierenden Russland-Ukraine-Krieges hatten sich damals Zweifel über die zukünftige Versorgungssicherheit ausgebreitet, der nervöse Markt reagierte prompt: Die ohnehin schon rekordverdächtig hohen Großhandelspreise sprangen noch weiter nach oben, die finanzielle Mehrbelastung wurde anschließend auf die Verbraucherseite abgewälzt.
Zum jetzigen Zeitpunkt hat sich die Situation wieder entspannt, dank stark fallender Börsenpreise konnten Anbieter die Preise für Endkunden wieder deutlich senken. Das Beispiel Energiekrise zeigt aber, wie sehr der launenhafte Großmarkt die Haushaltspreise beeinflusst, und wie schwierig genaue Prognosen tatsächlich sind. Gerade Weltereignisse wie die Invasion der Ukraine durch Russland oder auch die Corona-Pandemie einige Jahre zuvor sind kaum vorhersehbar, aber dennoch von immenser Bedeutung für den Strompreis.
Hinzu kommt die enge Koppelung an den Gaspreis, denn die genaue Preisbestimmung an der Energiebörse richtet sich nach dem sogenannten Merit-Order-Prinzip. Dabei werden Kraftwerke nach ihren Erzeugungskosten sortiert: Grüne Energie ist vergleichsweise günstig, während die Stromherstellung durch Gaskraftwerke mit hohen Kosten verbunden ist. Für die Deckung des Gesamtstrombedarfs werden dann nacheinander alle Kraftwerke hinzugezogen, beginnend bei dem mit den niedrigsten Produktionskosten. Das letzte benötigte Kraftwerk bestimmt an diesem Tag dann den allgemeinen Strompreis für sämtliche Verkäufe – wenn die bereitgestellte Strommenge durch Wind- und Solarkraftanlagen nicht ausreicht, ist dieses letzte Kraftwerk oft ein Gaskraftwerk.
Aus diesem Grund ist der Strompreis unmittelbar vom Gaspreis abhängig. In welchen Regionen sich der Gaspreis in Zukunft bewegen wird, hängt auch von den Ereignissen auf der politischen Weltbühne ab. Russland liefert mittlerweile seit ungefähr einem Jahr kein Erdgas mehr nach Europa, doch Befürchtungen über eine Versorgungslücke haben sich bisher nicht bewahrheitet, weswegen der Gaspreis dieses Jahr wieder stark gefallen ist. Ob Deutschland auch in Zukunft genügend Erdgas importieren kann, ist aktuell aber noch unklar. Die Bundesregierung legt große Hoffnungen in die Einfuhr von Flüssiggas (LNG), zunehmende LNG-Lieferungen oder gar eine mittelfristige Wiederaufnahme der russischen Gaslieferungen könnten dafür sorgen, dass Erdgas und somit auch Strom weiterhin bezahlbar bleiben.
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Genau wie bei jeder anderen Ware ist auch bei Strom der Endpreis letztlich von Angebot und Nachfrage abhängig. Auf die deutsche Energiewirtschaft bezogen heißt das: Der Strompreis richtet sich ebenso danach, wie viel Strom bundesweit verbraucht und produziert wird.
2022 lag die Netzlast (also der gesamte Stromverbrauch) bei 484 Terawattstunden (TWh). Das ist im Vergleich zum Vorjahr tatsächlich ein Rückgang von ungefähr vier Prozent, 2021 hatte der Wert von circa 505 TWh betragen. Das ist vor allem durch die Energiekrise zu erklären, durch die hohen Preise ergaben sich automatisch Anreize zum Stromsparen. Ohnehin war öffentlich die Notwendigkeit von sparsamem Konsumverhalten vielfach betont worden.
Hierbei dürfte es sich aber nur um eine Momentaufnahme handeln – es ist davon auszugehen, dass der Stromverbrauch in den nächsten Jahren und Jahrzehnten signifikant ansteigen wird. Erste Prognosen gehen davon aus, dass der Stromverbrauch zum Ende des Jahrzehnts bei über 700 TWh liegen wird, ehe Mitte der 2040er-Jahre die Schallmauer von 1000 TWh durchbrochen werden könnte. Demnach würde sich die Nachfrage in den nächsten zwanzig Jahren also verdoppeln.
Für diesen ansteigenden Bedarf gibt es mehrere Gründe, die aber allesamt in der voranschreitenden Energiewende zu verorten sind. Gerade Wasserstoff wird in Zukunft eine immer größere Rolle bei der Energieerzeugung zukommen, dieses muss aber mittels H2-Elektrolyse produziert werden. Hierbei wird Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten, dieser Prozess ist mit immensem Strombedarf verbunden: Für 1 kg Wasserstoff sind über 50 kWh Strom notwendig.
Ebenso bedeutend für eine klimafreundliche Energielandschaft ist das Forcieren der Verkehrswende und somit die Förderung von Elektromobilität. In Zukunft werden konventionelle Verbrenner allmählich durch Stromer ersetzt werden, eine siebenstellige Anzahl an batterieelektrischen Fahrzeugen muss dann regelmäßig aufgeladen werden, was logischerweise viel Strom kostet. Hinzu kommen Wärmepumpen und Elektrokessel – all das senkt zwar den CO2-Ausstoß, aber führt wiederum zu einer immensen Erhöhung der Stromnachfrage.
Eine höhere Nachfrage bedeutet langfristig aber zwangsläufig auch höhere Strompreise – sofern nicht auch das Angebot, also die Menge an erzeugtem Strom ansteigt. 2022 lag die Nettostromerzeugung bei etwa 507 Terawattstunden, was den Strombedarf übersteigt. Hinzu wurden ungefähr 35 TWh an Strom importiert, es konnten somit Überschüsse von mehr als 60 TWh exportiert werden.
Inwiefern ein solcher Exportüberschuss auch in Zukunft möglich ist, darf angesichts der steigenden Nachfrage stark bezweifelt werden. Tatsächlich ist unklar, ob und wie sehr die inländische Stromproduktion ansteigen wird, denn fossile Energiequellen werden in Zukunft schwinden und schließlich ganz wegfallen. 2022 waren Kohlekraftwerke für ungefähr ein Drittel der Stromeinspeisung verantwortlich, mittelfristig ist aus Nachhaltigkeitsgründen allerdings der vollständige Kohleausstieg vorgesehen. Dieser ist ökologisch auch unbedingt notwendig, weswegen die Bundesregierung sogar anstrebt, diesen auf das Jahr 2030 vorzuziehen.
Alle Kohlekraftwerke werden dann abgeschaltet – das geschah bereits vergangenes Jahr mit den Kernkraftwerken, im April 2023 wurden die letzten drei Atomkraftwerke außer Betrieb genommen. Schon 2022 waren drei Atomkraftwerke vom Netz genommen worden. Kernenergie fällt ab sofort also gänzlich weg, 2021 hatte diese indes noch etwa 12 Prozent des deutschen Strommixes ausgemacht (2022: 6 Prozent).
Jetziges Atom-Aus und mittelfristiger Kohleausstieg – der Wegfall dieser Energiequellen muss kompensiert bzw. eigentlich sogar überkompensiert werden, schließlich sollte sich die Produktion idealerweise an die steigenden Nachfrage anpassen. Die Produktion durch Gaskraftwerke, welche zurzeit für ungefähr ein Achtel der Stromherstellung verantwortlich sind, dürfte sich in den nächsten Jahrzehnten mindestens verdoppeln, aber das ist bei weitem nicht ausreichend, um die deutsche Energiewirtschaft auf ein verlässliches und nachhaltiges Fundament zu stellen. Das Gros der Stromeinspeisung muss in Zukunft aus anderer Quelle stammen: Die Bundesregierung treibt deswegen den ohnehin dringend nötigen Ausbau von erneuerbaren Energien voran.
2022 sorgten erneuerbare Energien für fast die Hälfte der deutschen Stromerzeugung (48 Prozent). Das ist ein Rekordwert, im Vorjahr hatte der Anteil noch bei circa 43 Prozent gelegen. Insgesamt summiert sich das auf 234 TWh an (2021: 216 TWh), wobei mehr als 100 Terawattstunden auf Onshore-Windkraft auf dem Festland anfallen. Offshore-Windkraftanlagen auf dem Meer produzierten immerhin 25 TWh, Photovoltaikanlagen fielen mit 55 TWh in die Bilanz. Hinzu kommen sonstige erneuerbare Energieträger wie Biogas und Wasserkraft.
Die Tendenz ist also erfreulich, das Ausmaß aber noch unzureichend. Die Kapazitäten für grüne Energieproduktion müssen in den nächsten Jahrzehnten vervielfacht werden. Das ist auch durchaus realistisch – allein die installierte Leistung von Solarkraftwerken könnte sich bis 2030 ungefähr verdreifachen. Dafür muss die Energiewende aber weiter beschleunigt werden, in der Vergangenheit war diese zu stockend ins Laufen gekommen. Hier sind dann auch die Gesetzesgeber gefragt, die Stiftung Klimaneutralität fordert etwa, dass künftig zwei Prozent der Landesflächen für Windkraft zur Verfügung stehen soll.
Manche Studien gehen davon aus, dass eine Stromvollversorgung durch grüne Energieträger bereits in den nächsten zehn Jahren möglich sein könnte, sofern der Ausbau weiter beschleunigt wird. Das wäre in doppelter Hinsicht positiv für den Strompreis, denn regenerative Energien können nicht nur dafür sorgen, dass sich der bundesweite Strombedarf auch langfristig decken lässt, sondern produzieren Strom ohnehin günstiger als etwa Kohle- und auch Gaskraftwerke, nicht zuletzt da hier kein CO2-Preis anfallen.
Damit dies gelingt, muss aber nicht nur die Produktionskapazität erhöht werden. Notwendig ist auch eine Anpassung des Stromnetzes, denn Wind- und Solarenergie sind stark vom Wetter abhängig und sorgen deswegen für größere Schwankungen bei der Stromeinspeisung. Essenziell ist daher auch die mittelfristige Entwicklung hin zu einem dezentralen und flexiblen Stromnetz mit intelligentem Lastmanagement und dynamischen Tarifen für Verbraucher.
Die Zeit drängt, die Voraussetzungen für eine grüne Energiewirtschaft müssen jetzt geschaffen werden. Diese ist nicht nur unabdingbar für eine Reduktion der CO2-Emissionen, sondern ist auch notwendig, damit die Stromproduktion in den nächsten Jahrzehnten mit dem wachsenden Strombedarf Schritt hält. Wenn das gelingt, sind für Verbraucher auch langfristig bezahlbare Strompreise realistisch.
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